Dicksons Delta-Humor
Auf einer dreitägigen Tour lassen wir uns mit dem Mokoro – einer Art Kanu aus einem ausgehöhlten Baumstamm – durchs Okavango-Delta schippern. Ganz schön wackelige Angelegenheit. Vor allem, weil die Baumstämme teilweise nur notdürftig mit Stücken von alten Gummireifen geflickt sind. Aber unser Mokoro-Fahrer hat eine abgeschnittene Plastikflasche dabei und schippt unterwegs fleißig Wasser aus dem Kahn. Also kein Grund sich zu sorgen – jedenfalls nicht solange man kein Hippo oder Kroko beim Mittagsschlaf stört.
Wir campen übirgens direkt an einem Hippo-Pool. Die dicken Dinger werden hier regelmäßig unterschätzt. Die meisten Tier-Unfälle in Afrika passieren nämlich mit Nilpferden. Abgesehen davon, dass sie entgegen ihres niedlichen Aussehens sehr aggressiv sind und riesige Zähne haben, sind sie auch noch verdammt schnell. 45 kmh kann so ein Dickerchen rennen. Aber so lange sie sich in der Mitte des Wasserbeckens aufhalten, ist es toll sie zu beobachten.
Jeden Morgen und Abend machen wir ausgedehnte, traumhafte Busch-Spaziergänge mit unserem offiziellen Führer Tman. Anstatt mit einem Gewehr, wie die Ranger im Krüger Nationalpark, ist Tman übrigens mit einem langen Stock bewaffnet. Dafür ist er riesig groß. Wir vertrauen ihm. Immerhin macht er diese Touren schon seit zehn Jahren und lebt noch. Während wir uns durchs Unterholz schlagen, zaubert uns der mitgereiste Koch Bonnie immer eine Mahlzeit – meistens bestehend aus Bohnen, Ei und Würstchen. Für mich hat er extra ein paar vegetarische mitgenommen. Hätte nicht gedacht, dass es in Botswana so etwas gibt. Und sie schmecken sogar – jedenfalls mir. Von den Tour-Guides will keiner eins probieren. Die essen lieber stundenlang gekochtes Elefanten-Biltong (sehr zähes, hartes, getrocknetes Fleisch - schön mit Sehnen usw.)
George, Stevie und einige andere Helfer aus den umliegenden Dörfern spielen den ganzen Tag Schach. Wir haben immer mindestens sechs Leute um uns. Anscheinend eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, aber unterhaltsam. Abends wird gesungen. Und die Jungs führen ein paar afrikanische Tänze auf. Hier wirkt das ganz ungezwungen und überhaupt nicht touristisch einstudiert. Sie scheinen selber großen Spaß zu haben.
Dickson, der Entertainer der Truppe, gibt uns beim gemeinsamen Essen ein afrikanisches Rätsel nach dem anderen auf. „Ein Mokorofahrer muss einen Leoparden, eine Ziege und einen Kohl über einen Fluss bringen, kann aber nur eine Sache gleichzeitig transportieren. Wie macht er das, ohne dass der Leopard die Ziege oder diese den Kohl frisst?“ Na? Nachdem wir das Problem gelöst haben, verbringen Mandy und ich fast 30 Minuten zusammengebunden und verwickelt in zwei Fäden, aus denen wir uns mit einem Trick befreien sollen. „Ist ganz leicht“, sagt Dickson immer wieder und lacht sein breites Lachen mit der größten Lücke, die ich jemals zwischen zwei Schneidezähnen gesehen habe.
Später am Abend erzählt er Witze, die wir nicht verstehen. Wir lachen trotzdem und versuchen es unsererseits mit einigen westlichen Brüllern. "Treffen sich eine Null und eine Acht auf der Straße. Sagt die Null zur Acht: Cooler Gürtel!" Wir blicken in erwartungsvolle und verwirrte Gesichter. "Das war der Witz", müssen wir am Ende jedes Mal sagen. Von Höflichkeitslachen hat hier offenbar noch niemand etwas gehört.
Wie die Jungs auch, malen wir dann die Witze zur Erklärung mit einem Stock in den Sand. Dann endlich: Großes Gelächter. Nur einen verstehen sie überhaupt nicht. "Dickson, du bist zusammen mit deinem Freund George im Busch. Ihr trefft einen Löwen. Warum ist es wichtig, dass du deine Laufschuhe dabei hast, obwohl du damit nicht schneller bist, als der Löwe?" Er hat keine Ahnung. Und natürlich auch noch nie Laufschuhe besessen. Wir lösen auf: "Damit du schneller rennen kannst als dein Freund." Wir lachen uns halb tot. Und erklären: "Naja, wenn du schneller bist als dein Freund, wird er gefressen und nicht du." Als Antwort bekommen wir nur Unverständnis: "Aber ich mag doch George", sagt Dickson nur. Es sind herrliche Abende - lustig und lehrreich.